Unser Naturalistischer Staudengarten
In öffentlichen Parks und privaten Gärten sieht man noch sehr häufig
Blumenbeete in grellbunten Farben, die jeden Rummelplatz in den Schatten
stellen. Mit akkurat gepflegten Rasenflächen
und gestutzten Sträuchern, die Zeugnis dafür sind, wie der Mensch die
Natur beherrschen möchte. Diese Machtdemonstration und ein Berauschen an
Farben hatten sicher in vergangenen Jahrhunderten ihre Berechtigung, als
der Mensch noch zu sehr unter den Naturgewalten leiden musste und das
Leben wesentlich farbloser war. Heute umgeben uns überall grellbunte Farben, besonders zu
Werbezwecken, und die Hinwendung der Menschen zur Ruhe und
Besinnlichkeit der Natur ist unübersehbar. Diese Rückbesinnung zur Natur
bedeutet für unseren Garten Hinwendung zu den Wildstauden
und zum naturalistischen Gartenstil.
In unserem Staudengarten versuchen wir Bilder zu schaffen, die
Ästhetik, Harmonie und Vollkommenheit ausstrahlen. Wir denken allein die
Natur, da wo sie noch intakt ist, gibt uns die Ideen zur Gestaltung
unseres Gartens.
Wir wollen eine
pflegeleichte Pflanzung mit Wildstauden anlegen und dabei versuchen,
natürliche Pflanzengesellschaften am Teich, im Schatten des Hauses oder
des Gehölz-Saums und auf der freien Fläche nachzubilden. Für uns ist z. B. eine Waldlichtung mit Gebüsch am Waldrand, einem
Staudensaum davor und Wiesen, die an ihrer tiefsten Stelle einen Teich
einschließen Harmonie und Natürlichkeit.
Das harmonische Bild unseres Gartens soll den Eindruck erwecken, wie von der
Natur geschaffen zu sein. Wir greifen so wenig, wie möglich ein.
Es ist kein Gartenstil für Leute, die ihre Ordnung im Garten durchsetzen
wollen. In vielen Gärten ist im Herbst Stauden abschneiden angesagt. Nicht
bei uns, sind doch die Stauden auch im Schmuck ihrer Fruchtstände schön,
besonders im Raureif des Novembers oder im Schnee. Außerdem brauchen die
Stauden selbst und die Tiere, die im Halmwirrwarr überwintern, diesen
Schutz. Erst Ende Februar werden die Reste der Pflanzen abgemäht. Demzufolge
könnte man ihn als Naturgarten oder naturnah bezeichnen.
Doch leider ist dieser Name schon für Gärten definiert, die nur einheimische
Wildstauden und keine Schneckenbekämpfung zulassen. Um es gleich vorweg klar
zu stellen: für uns ist der Garten kein Schneckenparadies. Es gibt auch kein
"Insektenhotel" oder Igelkisten, da wir meinen, dass in unserem Garten
genügend natürliche Behausungen für Tiere existieren.
Wildstaudengarten bedeutet für uns auch nicht, dass nur einheimische Stauden
und Gehölze gepflanzt werden, wie es für den Naturgarten empfohlen wird. Es
wäre ein langweiliger Garten, der nicht die zahlreichen Pflanzenschätze der
Pflanzensammler vergangener Zeiten enthalten würde. Dafür durchstreiften sie
die gemäßigten Zonen Europas, Amerikas und Asiens sowie Südafrika und
Neuseeland. Die für unsere Gärten gesammelten Pflanzen sind meist reine
Arten, Subspezies oder Variationen. Aber auch die von den Staudengärtnern
des letzten Jahrhunderts ausgelesenen Sorten gehören in unseren Garten,
sowie einige Hybriden, die ihren natürlichen Charme erhalten haben.
Da uns die ganzjährigen und langjährige Wirkung der Pflanzungen bei geringem
Pflegeaufwand wichtig ist, vermeiden wir ein- und
zweijährige Pflanzen.
In unserem Wildstaudengarten fehlen alle hoch gezüchteten Stauden, wie z. B.
Dahlien, Gladiolen, Pfingstrosen, Rosen, Schwertlilien, Lilien, Tulpen,
Hyazinthen u. s. w., die zwar meist sehr große und farbenprächtige Blüten
besitzen aber als ganze Pflanzen traurig aussehen, vor allem wenn das Wetter zu
windig, zu nass, zu trocken, zu kalt oder zu heiß ist, und wenn der
Gartenbesitzer mal keine Zeit für das Unkrautzupfen oder sonstige Pflege hat.
Wenn Sie so wollen, ist unser Wildstaudengarten auch ein Garten für den
intelligenten Faulen, wie es Karl Förster so schön formulierte. Dazu gehört,
dass jede Staude, den ihr zusagenden Platz erhält. Vom trockenem Baumschatten
bis zum natürlichen Teichufer ist alles vorhanden, man muss nur die Bedürfnisse
seiner Pflanzenschätze kennen. Durch die konsequente Beachtung der
Lebensbereiche der Pflanzen ist keine Beregnung oder mineralische Düngung
erforderlich. Auch den Winterschutz sparen wir, da wir nur Pflanzen in unserem
Garten behalten, die unserem Klima im Nordosten Deutschlands gerecht
werden. Standort- und Klima- gerechte Pflanzenauswahl hat Priorität.
Unser Gestaltungsprinzip ist der offene Garten. Man kann weit über die
Pflanzungen schauen, bis über die Grundstücksgrenze hinaus. Es gibt keine
"Gartenzimmer". Unser Grundstück hat den
Vorteil, in der Nachbarschaft großer Bäume zu liegen, die somit in die
Gartengestaltung einbezogen werden können. Erst nachdem wir eine Birkengruppen
in unserem Garten gefällt hatten, sahen wir, welche herrlich große Kastanie am Straßenrand außerhalb
des Gartens unseren Garten schmückt. Bäume im Staudengarten kann ich nicht
empfehlen, viel zu schnell werden sie groß, die Trennung von ihnen wird nicht
leichter und eines schönen Hochsommertages kann man dann die Stauden unter der
Birkengruppe in der Pfeife rauchen.
An den Gartengrenzen befinden sich Blütensträucher, z. B.
Kornelkirsche, Schlehe, Felsenbirne, Sanddorn, Kartoffelrose, Hollunder und
Kirschpflaumen, um nur
einige zu nennen. Sie geben besonders im zeitigen Frühjahr dem Garten einen
Rahmen, wenn die Stauden noch im Boden schlummern. Vor diesem Gehölzsaum
befindet sich der Staudensaum. Buntlaubige Gehölze und Stauden
verwenden wir nur sehr sparsam, da sie in der Natur auch nur sehr selten
vorkommen.
Stauden und besonders Gräser sollen den Eindruck des Natürlichen
hervorrufen und sind deshalb als bunte oder panaschierte Pflanzen in
unserem Garten nicht
erwünscht, auch wenn die Staudengärtnereien und Gartencenter voll davon
sind. Die Züchtung hat viel zu vieles hervorgebracht, das nur dazu dient,
dem Nachbarn das Staunen abzuringen, wegen der grotesken Blattfarben und Gehölzformen.
Wir schätzen die Schlichtheit einer Pflanzung, d. h. wir haben Mut zu mehr Grün und
vermeiden die „Nur- Buntheit“ einer Pflanzung.
Die Wege in unserem Garten verlaufen in geschwungenen Linien, wie das schon der
englische Landschaftsgartenstil im 18. Jahrhundert praktizierte. Dadurch wird
die harmonische und natürliche Wirkung der Anlage unterstützt. Die am häufigsten
begangenen Wege sind wie auch die alten Straßen im Dorf aus Feldsteinen.
Dieses Material wurde verwendet, da es hier in Mecklenburg auf jedem
Acker zusammengelesen oder von einem "Lesesteinhaufen" am Dorfeingang
geholt werden kann. Die Auswahl der Stauden für die Wegbegrenzung ist
sorgfältig zu überlegen. Sie müssen das ganze Jahr ordentlich aussehen, und
vor allem bei den Rasenwegen auch als Mähkante für den Rasenmäher geeignet
sein, d. h. den vordringenden Rasen möglichst Paroli bieten ohne das
Rasenkantensteine oder Rasenkantenstechen erforderlich sind. Dazu dienen in
unserem Garten z.B. Funkien an den Nordseiten, sowie Storchschnabel,
niedrige Astern und Frauenmantel in der Sonne. Die Rasenwege und die wenigen
noch verbliebenen Rasenflächen werden nicht beregnet, gedüngt oder vertikutiert.
Damit haben Gänseblümchen, Klee u. a. eine
Chance.
In unserem naturalistischen Garten gibt es keine geschnittenen Hecken und
auch keine der so beliebten Buchskugeln, keine Dekorationen, wie z. B.
Glaskugeln, Figuren, Laternen, alte bäuerliche Gerätschaften oder gar
Zwerge. Wir haben in unseren Garten auch keine Bauten, wie Pergola, Pavillon, Holzdecks oder gar Brücken. Im Teich befinden sich keine Goldfische, Kois oder andere Fische.