Kuju Hochland eines der letzten Pflanzenparadiese Japans
Die wohl erfolgreichste Verbindung zwischen
Beruf und Hobby ergab sich durch die Zusammenarbeit mit meinem japanischem
Kollegen und Freund, Takafumi Goto, von der Universität Kyushu. Seine
Versuchsstation für Rinderzucht befindet sich im Kuju-Hochland in etwa
900 m Höhe. Hier war ich in den letzten 10 Jahren sehr oft zu Gast. Nur
ein Schritt vor die Tür, und ich war von Gebirgsblumen umgeben. Der Kuju-Vulkan
im Hintergrund ist 1787 m hoch und noch vulkanisch aktiv. Von Zeit zu Zeit
tritt schwefeliger Dampf aus. Sehr beeindruckend!
Mein Freund Taka interessiert sich leider nicht für
die herrliche Natur, die ihn umgibt. Durch ihn fand ich eher sehr
interessante Einblicke in das Leben der Japaner, einschl. des Nachtlebens
der Millionenmetropolen.
Prof. Nishimura, ein Botaniker und Mitarbeiter der Station, zeigte mir viele
Standorte von Wildstauden.
Für ihn ist das Kuju Hochland eines der letzten Paradiese Japans. Prof. Kayano und
seine Frau, ebenfalls Botaniker, haben ihren Alterssitz mitten
im Kuju Hochland und sind ausgezeichnete Kenner der hiesigen Flora. Sie zeigten mir Standorte
von seltenen Stauden und halfen mir bei
der Bestimmung der Pflanzen.
Die Bestimmung der Pflanzen erfolgte nach "Wildflowers of Japan" von Ran
Levy.
Versuchsstation der Kyushu Universität
am Fuße des Vulkans Kuju im Winter
Prof. Nishimura mit brusthohen Arisaema serratum
Takafumi Goto (2. von rechts) und seine Highlanders (Mitarbeiter)
Frühling im Kuju Hochland
Frühlingsbilder von Japan zu zeigen, ohne die Kirschblüte zu erwähnen, wäre
unvollkommen. Ich glaube nirgendwo sonst auf der Welt wird die Kirschblüte
so intensiv gefeiert. Familien und Arbeitskollektive ziehen in die Parks und
sitzen auf blauen Kunststoffplanen unter den Kirschbäumen. Dem mitgebrachtem
Essen und Trinkbarem wird kräftig zugesprochen. Die Japaner glauben an so
viele Dinge. Wir würden es als "Aberglauben" belächeln. So bedeutet die
Anzahl von Blütenblätter, die auf jemandem herab fallen, das Geld, dass er
im Jahr bekommen wird.
Kirschblütenfest
In Japan gibt es viele verschiedene Arten und vor allem Züchtungsformen von
Kirschen, Pflaumen und Mandeln. Sie alle blühen von Rot über Rosa bis Weiß
sehr zeitig im Jahr.
Hier eine Ausstellung von blühenden Bonsai. Es regnet nicht. Die
Japanerinnen schützen sich vor der Frühlingssonne, die ihnen die vornehme
Blässe rauben könnte und sie dann mit einer Bäuerin gleichstellen würde.
Doch nun zu den Stauden.
Im Spätwinter wird das Chinaschilf (Miscanthus species), das die Wiesen im Hochland bedeckt, von den Bauern abgebrannt, um
für die Rinder einen schmackhaften Neutrieb bereit zu stellen. Bevor das Chinaschilf austreibt,
erobern die Veilchen und andere kleine Gebirgspflanzen die Weiden. Ich hätte
nie gedacht, das es hier so viele Veilchenarten gibt.
Viola orientalis auf abgebrannter Weide
Viola orientalis
Viola verecunda und V. mandshurica
Viola mandshurica
Viola grypoceras
Das Mandschurische Veilchen (Viola mandshurica) kommt, wie der Name
schon sagt aus China, während
Viola grypoceras ein echter Japaner ist. Trotzdem wird das Mandschurische
Veilchen in Japan als japanisches Veilchen verehrt. Dem Sachverhalt, dass
Vieles in Japan aus China kommt, aber trotzdem als urjapanisch bezeichnet
wird, bin ich sehr oft in Japan begegnet.
Viola phalacrocarpa
Viola sieboldii
Viola keiskei var. okuboi
Eine der größten Überraschungen auf meinen ersten Erkundungsgängen rund um die Forschungsstation im Kuju Hochland waren die Kobralilien
(Arisaema serratum). Plötzlich stehen sie vor einem, ohne Blätter und ohne die üblichen Blütenfarben und -formen, tatsächlich wie eine Kobra.
Manchmal fast brusthoch.
Ein überwältigender Anblick!
Arisaema serratum, die Kobralilie ist relativ häufig im Kuju
Hochland zu finden. Ihre Blütenfarbe ist sehr unterschiedlich von
dunkelbraun bis hellgrün. Es soll sich immer um die gleiche Art handeln.
Gentiana thunbergii
Pulsatilla cernua
Primula sieboldii
Omphalodes japonica
Petasites japonicus
Iris rossi
Iris japonica
Corydalis decumbens
Corydalis incisa
Corydalis pallida var. tenuis
Die folgenden Bilder sind im Mai aufgenommen.
Senecio pierotii
Smilax riparia var. ussuriensis
Cephalanthera erecta
Cephalanthera falcata
Polygonatum odoratum var. multiflorum
Disporum sessile
Ixeris dentata
Ixeris stolonifera
Smilacina japonica
Ranunculus japonicus
Polygala japonica
Eine Vielzahl der hier vorgestellten Pflanzen hat, wie z. B. die
letzten drei, den Artnamen japonica, d. h. es gibt z. B. auch in Kanada
Smilacina und bei uns Ranunculus, aber im fernen
Japan wurden sie als selbständige Arten beschrieben.
Sommer im Kuju Hochland
Unterhalb der Forschungs-Station befinden sich subtropische Bambus- und Zedernwälder.
Zahlreiche immer kleiner werdende Reisfelder ziehen sich in den Tälern
terrassenförmig nach oben. Etwas unterhalb der Station hört der Feldbau auf
und die Wiesen des Hochlands werden hauptsächlich als Rinderweide genutzt.
Hier wird das weltberühmte Wagyurind gezüchtet. In den Gipfellagen der
Vulkane finden wir oft nur eine sterile Mondlandschaft.
Reisterrassen, Bambus- und Zedernwälder sind unterhalb der Station zu
finden.
Die Weiden der Wagyurinder
Hier am Kraterrand wächst kein Gras mehr. Nur der Japan-Knöterich
(Bildmitte, kaum kniehoch) schlägt sich durch.
Er ist ein wirklich hartes Gewächs.
Reynoutria japonica, der
Japanknöterich ist überall zu finden. Gemeinsam mit niedrigen Bambus und
Silbergras bedeckt er große Flächen bis in die höchsten Gipfellagen. Von übermannshoch bis nur spannhoch, von
tiefem Rot bis strahlendem Weiß ist er sehr vielgestaltig. Das kommt zum
Einen daher, dass er zweihäusig ist und zum Anderen gibt es auch
Variationen, wie z. B. die var. compacta, die in Gipfellagen auf Geröll und
Vulkanasche wächst.
Reynoutria japonica var. compacta
Reynoutria japonica (weibliche Pflanze)
Kennzeichen der männlichen Pflanzen sollen die aufrechten Blütenstände
sein.
Polygonum filiforme, der fadenförmige Knöterich ist nicht nur an
seinen fadenförmigen Blütenständen zu erkennen, sondern auch an den
beiden dunklen Flecken auf den Blättern.
Polygonum filiforme var.neo-filiforme ist daran zu erkennen, dass
die Flecken auf den Blättern fehlen.
Lilium leichtlinii var. tigrinum, die Tigerlilie
wächst überall auf den Bergwiesen des Kuju Hochlandes.
Erstaunlicherweise behauptet sie sich auch zwischen mannshohen
Miscanthusbüschen und in Höhen von über 1000m.
Hemerocallis vespertina, die
Zitronentaglilie habe ich lange suchen müssen. Ich konnte sie einfach
nicht sehen, weil sie sich erst am späten Nachmittag öffnen. Prof.
Kayano meinte, unsere Taglilien sind Nachtlilien. Außerdem waren sie
jetzt Ende August auch schon ziemlich verblüht, so dass ich Samen
sammeln konnte.
Adenophora triphylla var. japonica, die Becherglocke ist eine Verwandte der
Glockenblumen, wie man sieht, und ein Begleiter der Tigerlilie auf den
Bergwiesen bis zum Gipfel in 1500m Höhe.
Adenophora remotiflora, eine Schwester der Becherglocke der
Bergwiesen kommt eher im Schatten der Wälder in tieferen Regionen vor.
Dianthus superbus var. longicalycinus, eine Nelkenart die bis zum November blüht und in Japan als eine
der sieben für den Herbst typischen Wildblumen gilt. Sie blüht auf den
Bergwiesen zusammen mit Tigerlilie, Becherglocke und anderen.
Patrinia scabiosaefolia, der Goldbaldrian ist eine weitere der sieben für den Herbst typischen
Wildblumen.
Aster species
Picris hieracioides subsp. japonica, die Art
gibt es auch in Deutschland.
Lactuca indica var. laciniata
Heracleum lanatum var. nipponicum, die
Herkulesstaude oder auch Wiesenbärenklau ist besonders in den feuchten
Senken der Bergwiesen zu finden.
Lythrum salicaria, der Blutweiderich ist ebenfalls an feuchten Stellen zu finden.Dieses stattliche
Exemplar des Blutweiderichs am Feldrand hat wohl etwas Dünger
abbekommen.
Angelica pubescens, ein Engelwurz, den ich anfänglich für eine
aufgeblühte Aralia hielt.
Aralia cordata ist eine Staude des Waldrandes.
Aralia spinosa ist ein Großstrauch oder Baum, der bei uns auch in den
Gärten zu finden ist. Er wird auch als Teufelsspazierstock bezeichnet,
weil seine Äste mit Dornen besetzt sind. Im
Frühjahr werden die Triebe der Aralie in Japan gesammelt und gegessen.
Während bei uns nur die Spargeltriebe gegessen werden, sammelt man in Japan
alle möglichen Pflanzenaustriebe zum Essen. Im Hochland sah ich Frauen mit
Körben, die Farntriebe sammelten.
In der Station bereiten die Studenten für mich ein grünes Mahl vor.
Impatiens noli- tangere
Impatiens textori, ein purpurnes Springkraut, dass
feuchte und schattige Plätze im Wald bevorzugt.
Cacalia delphiniifolia
Liriope platyphylla
Eupatorium chinense
Boehmeria spicata, ein Brennesselgewächs, das eigentlich zu den
Sträuchern gehört.
Tricyrtis macropoda, die Krötenlilie,
konnte ich dank des Bestimmungsschlüssels von Volker Debus recht
schnell identifizieren.
Ich fand nur ein Exemplar an einem Bach mitten im dunklem Zedernwald.
Ligularia fischeri, Fischers Ligularie glaubte ich hier in
Japan im August zur Hauptblütezeit in Massen zu finden, doch leider musste
ich schon sehr im Unterholz suchen
Echinops setifer, die Kugeldistel ist heute nur noch selten zu
sehen. Nach Auskunft von Professor Kayano war sie früher viel häufiger
auf den Bergwiesen zu finden.
Sie hat ein viel schöneres Blau als unsere Gartenformen.
Scabiosa japonica
Lychnis miqueliana, diese Lichtnelke habe ich nur ein Mal am Straßenrand entdeckt.
Lycoris sanguinea, die Rote Herzlilie, wie sie in Englisch bezeichnet wird, einen deutschen Namen habe ich nicht
gefunden, ist im August überall im Kuju Hochland zu sehen. Sie wächst
am Straßenrand, am Reisfeldrand und im tiefsten Schatten des Waldes.
Dort ist sie aber wesentlich blasser.
Eine sehr schöne Wildstaude. Ihre Blätter hat sie zur Blütezeit schon
eingezogen.
Im dunklen Wald ist die Herzlilie ganz blass.
Hosta lancifolia var. thunbergiana, diese Funkie fand ich überall, sowohl
im dichten Wald, wo ich sie erwartet habe, denn aus dem Garten wissen
wir, das Funkien Schatten brauchen, als auch auf den Bergwiesen bis zum
Gipfel war sie in prallster Sonne zu finden.
Sanguisorba officinalis, der
Große Wiesenknopf ist auch noch in Gipfellagen zu finden
Commelina communis, die
Tagblume, ist ein sehr kleines Blümchen am Wegesrand, eher im
Schatten. Die Pflanze sieht aus wie eine Tradeskantie. Ihr Blau
leuchtet unübertroffen.
Geranium nepalensis subsp. thunbergii ist überall auf den
beweideten Wiesen und an Wegrändern zu finden.
Bei den folgenden Pflanzen bin ich mir nicht sicher
bin, ob sie im Kuju Hochland heimisch sind. Es sind zwar Pflanzen Japans,
die in den wärmeren Regionen der Küsten zu Hause sind und hier
möglicherweise aus den
Gärten geflüchtet sind.
Lilium speciosum, die Prachtlilie ist wahrlich
prächtig anzuschauen in diesem großen Horst am Wegesrand in einem
winzigen Dorf.
Lilium
speciosum var. album, eine weiße Form der Prachtlilie oder auch der Goldbandlilie,
ein Lilienspezialist möge mir helfen, wenn er diese Seite liest.
Lilium japonicum, die Japanlilie, wird auch feldmäßig
angebaut.
Lycoris squamigera ihre vielen englischen Namen lassen auf eine
interessante Pflanze schließen. Sie gehört zur gleichen Gattung wie die
weiter oben gezeigte Rote Herzlilie, L. sanguinea.
Sie wächst im zweiten Bild fast aus dem Straßenbelag.
Herbst im Kuju Hochland
Zum dunklen Grün der Zedernwälder gesellen sich im Herbst die bunten
Ahornarten und die quittegelben Gingko-Bäume. So wie im Frühjahr die Kirschblüte gefeiert wird, so sind im
Herbst viele Menschen unterwegs, um die Herbstfärbung zu
bestaunen. Für mich war der Herbst die schönste Jahreszeit in Japan. Er
kommt später als bei uns, erst im November und ist sehr trocken und sonnig,
ganz im Gegensatz zum nebligen und kaltfeuchten November in Deutschland.
Japanischer Ahorn
Gingkobäume stehen oft auf Tempelgelände
Herbstspaziergang im Park.
Der Herbst wird im Kuju-Hochland durch die ausgedehnten Silbergras-Wiesen
(Miscanthus)
bestimmt.
Miscanthus sacchariflorus wächst eher in feuchteren Boden und bildet keine Horste.
Pennisetum japonicum, Japanisches
Lampenputzergras
Gentiana scabra var buergeri , ein Herbstenzian.
Crassocephalum
crepidioides
Solidago virgaurea var. asiatica
Solidago altissima, eine übermannshohe Goldrute, deren Samen sehr
gut in meinem Garten aufgegangen sind. Nicht aber die Blüten. Unser
November ist
zu trübe.
Erigeron annuus oder philadelphicus
Phytolacca americana
Besonders in der Nähe von Viehställen findet man in Japan
zahlreiche Einwanderer, wie die Goldrute, das Berufkraut und die
Kermesbeere. Wegen der stark begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche,
müssen zahlreiche Futtermittel vor allem aus Amerika eingeführt werden.
Sogar Heu wird in "Ziegel" gepresst nach Japan gebracht. Darin
reisen dann die Samen der Einwanderer. Nur 13% der Fläche Japans kann
landwirtschaftlich genutzt werden. Die übrige Fläche wird von steil
aufragenden vulkanischen Bergen bedeckt und im Flachland am Meer von den
riesigen Metropolen Japans.
Überall kommt Dampf und heißes Wasser aus der Erde. Letzteres wird für
die "Hot Springs" genutzt, mehr oder weniger komfortable
Mineralwasserbäder.
Auf Grund der schwefligen Ausdünstungen der Vulkanlandschaft sind die
Berghänge oft mit Rhododendron bewachsen, wie hier am Vulkan Aso.
Das Kuju- Hochland, übersät von Vulkanen, ist wahrlich eines der letzten
Paradiese Japans.
Mehr über Land und Leute finden sie unter:
http://globetrotter-wegner.de/Seiten/Japan.html